Jedem Tierfreund fallen ganz spontan etliche Hunderassen und vielleicht sogar eine Handvoll Katzenrassen ein. Bei Meerschweinchen müssen die grauen die Zellen aber schon gewaltig arbeiten. Meerschweinchen sind doch Meerschweinchen, oder nicht? Nein, nicht wirklich, denn auch bei den Meerschweinchen gibt es etliche Rassen. Da die Meerschweinchen-Rasse erheblichen Einfluss auf den Charakter und die Pflege der Tiere hat, solltest Du Dir vor der Anschaffung Gedanken machen. Dementsprechend möchten wir uns an dieser Stelle einmal mit den Eigenschaften der verbreitetsten Meerschweinchen-Rassen beschäftigen.

Ursprung und Herkunft des Meerschweinchens

Der größte Unterschied zwischen den Meerschweinchen-Rassen bezieht sich auf das Fell. Ähnlich wie bei Hunden und Katzen gibt es auch hier langhaarige, kurzhaarige und nahezu felllose Arten. Diese Unterschiede sind jedoch nicht natürlichen Ursprungs, sondern das Ergebnis einer langen Zuchtgeschichte. Ebenso war es auch bei den hunderten modernen Hunderassen, die aus einer Handvoll Wolfsrassen hervorgingen. Ursprünglich stammen Meerschweinchen aus Brasilien und den peruanischen Anden. Interessanterweise hielten die dort ansässige Ureinwohner Meerschweinchen über Jahrhunderte hinweg als Nutztiere.

Im Zuge der spanischen und portugiesischen Eroberungszüge durch Südamerika im 16. und 17. Jahrhundert gelangten die Nager nach Europa. Im frühneuzeitlichen Europa hielt man Meerschweinchen allerdings niemals als Fleischlieferanten. Vielmehr nutzte man den regen Fortpflanzungstrieb der putzigen Nager aus und machte das Meerschweinchen zum Haustier. Das Ergebnis mehrerer Jahrhunderte abenteuerlicher Kreuzungen sind unsere heutigen Meerschweinchen-Rassen. Hinsichtlich ihrer Eigenschaften sind sich die Tiere relativ ähnlich.

Fun-Fact: Meerschweinchen haben ihren Namen sowohl ihrem Quieken als auch der Tatsache zu verdanken, dass sie mit den Seefahrern über das Meer nach Europa kamen.

Steckbrief: Das Meerschweinchen

Größe 20 bis 50 cm
Gewicht 600 bis 1.600 g
Lebenserwartung ca. 4 bis 8 Jahre
Junge pro Wurf 1bis 8 Jungtiere
Vergesellschaftung Soziale Tiere (mindesten 2)
Max. Geschwindigkeit Bis zu 9 km/h
Ernährung Samen, Grünfutter

Langhaarmeerschweinchen – Pflegebedürftig, aber besonders putzig

Meerschweinchen mit einem langen Fell sehen besonders putzig aus. Die verschiedenen Rassen unterscheiden sich hier anhand der Fellfarbe, der Haarstruktur sowie der Anzahl der Haarwirbel. Gemeinsam haben die Langhaarrassen jedoch den Pflegeaufwand. Damit sich Deine Nager wohlfühlen und sie sich uneingeschränkt bewegen können, musst Du das Fell regelmäßig durchkämmen. In den Sommermonaten musst Du Dich zudem um einen sommergerechten Haarschnitt kümmern, um eine Überhitzung zu verhindern. Meerschweinchen können nämlich nicht schwitzen.

Die markantesten Rassevertreter der Langhaarmeerschweinchen

  • Merino: Die Merino-Meerschweinchen gehören zu den pelzigsten Vertretern und zeichnen sich durch ein dichtes langes Fell mit leicht gelockten Haaren aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Rassen hat das Merino-Meerschweinchen mit Ausnahme einer Stirnrosette keine Wirbel. Merino-Meerschweinchen gelten gemeinhin als treu und weisen einen ausgeglichenen Charakter auf. Allerdings leiden die Tiere häufig am sogenannten Roll-Lid, das zu Entzündungen an der Hornhaut führen kann.
  • Texel: Das Texel-Meerschweinchen zeichnet sich durch seinen kompakten Körperbau und einen runden Kopf aus. Typisch ist ein im Kopfbereich kurzes Fell, wobei der Rest des Fells sehr lang ist. In der Regel zeichnen sich die Texel-Meerschweinchen durch eine schwarze, rot-weiße oder schokoladenbraune Färbung aus. Gerade Jungtiere sind sehr aktiv und verspielt. Dieser Charakterzug geht mit dem Alter etwas verloren.
  • Sheltie: Kennzeichnend für das Sheltie-Meerschweinchen ist das glatte, seidige Fell. Dieses fällt ohne Scheitel zur Seite. Shelties haben im Gegensatz zu vielen anderen Langhaarmeerschweinchen keinen Pony und keine Rosette. Am Kopf selbst ist das Fell relativ kurz, wobei die Fellfarben sehr unterschiedlich ausfallen können. Ebenso wie das Merino-Meerschweinchen verfügt auch das Sheltie-Meerschweinchen über einen ausgeglichenen und liebenswerten Charakter.
  • Coronet: Das aus England stammende Coronet-Meerschweinchen geht auf eine Kreuzung aus Shelties und English Crestes-Meerschweinchen zurück. Es zeichnet sich durch ein langes Fell mit glattem, weichem Haar aus. Seinen Namen hat es von der charakteristischen Krone auf der Stirn. Hinzu kommt neben einem ausgeprägten Backenbart ein Scheitel auf dem Rücken. Coronets gelten gemeinhin als neugierig, anhänglich, verspielt und sehr aufmerksam.
  • Peruaner: Wer zum ersten Mal ein Peruaner-Meerschweinchen sieht, der kann die Ähnlichkeit mit dem pelzigen Alien ALF nicht verleugnen. Augenfälligstes Merkmal ist das durch den Stirnwirbel gestützte, lange Pony, das man dem Tierchen nur allzu gerne aus dem Gesichtchen kämmen möchte. Peruaner zählen zu den besonders lebensfrohen Meerschweinchen-Rassen und gelten als munter und aufmerksam.

Kurzhaarmeerschweinchen – Pflegeleichte Familienfreunde

Auch wenn langhaarige Meerschweinchen definitiv einen „Putzigkeits-Bonus“ haben, sind sie aufwendiger in der Pflege. Deutlich pflegeleichter gestaltet sich der Umgang mit Kurzhaarmeerschweinchen. Diese zeichnen sich durch ihr kurzes Fell aus, was die aufwendige, tägliche Fellpflege überflüssig macht. Damit sind kurzhaarige Rassen ein ideales Haustier für Familien mit Kindern und alle, die nicht täglich den Kamm in die Hand nehmen möchten.

Verbreitete Vertreter der Kurzhaarmeerschweinchen

  • Ridgeback: Auch wenn es Ridgeback-Meerschweinchen erst seit etwa 15 Jahren gibt, erfreuen sie sich besonderer Beliebtheit als Haustiere. Die kurzhaarigen Tiere verfügen in der Regel über eine bräunliche, schwarze oder rötliche Färbung mit ca. 2,5 cm langen Haaren. Herausstellungsmerkmal der Ridgebacks ist ein von der Nackenpartie bis zur Hinterhand verlaufender Rückenkamm, der aus gegen den Strich wachsendem Fell besteht. Ridgeback-Meerschweinchen gelten als zutraulich und aktiv.
  • Rex: Typisch für Rex-Meerschweinchen ist der solide, muskulöse Körperbau. Hinzu kommt ein krauses, drahtig wirkendes Fell, das meist in den Farbvarianten Beige, Schokoladenbraun und Schildpatt vorliegt. Ebenfalls markant sind die hängenden, waagerecht angesetzten Ohren sowie die glänzenden Augen. Interessant: Da das Gen, das für die typische Merkmale verantwortlich ist, rezessiv vererbt wird, dürfen Rex-Meerschweinchen bei der Zucht nicht miteinander gekreuzt werden. Um Rex-Meerschweinchen zu erhalten, sind sogar gleich zwei Kreuzungsgenerationen nötig.
  • Glatthaarmeerschweinchen: Das Glatthaarmeerschweinchen ist die mit Abstand verbreitetste und bekannteste Meerschweinchen-Rasse. Glatthaarmeerschweinchen verfügen über ein glattes, dichtes Fell, das in etlichen Farbschattierungen auftreten kann. Mittlerweile zählt man über 55 Varianten von einfarbig bis mehrfarbig gescheckt. Typisch ist neben den zwei bis drei Zentimeter langen Haaren auch das hohe Alter. Unter guten Bedingungen können die Tiere durchaus zwölf Jahre alt werden.
  • US-Teddy: Die US-Teddy-Meerschweinchen, die seit ca. 1967 in den USA gezüchtet werden, tragen ihren Namen zu Recht. Mit ihrem weichen, plüschigen Fell sehen sie tatsächlich aus, wie kleine pelzige Teddybären. Abgesehen von dieser Eigenschaft hat diese Rasse viel mit dem Rex-Meerschweinchen gemeinsam. Durch das plüschige Teddy-Fell ist der Pflegeaufwand allerdings etwas höher als beispielsweise bei Glatthaarmeerschweinchen.
  • English Crested: Das Crested-Meerschweinchen ist auch unter dem Namen Schopfmeerschweinchen bekannt. Auffälligstes Rassemerkmal ist dabei eine einzelne Stirnrosette, die auch als „Krönchen“ bezeichnet wird. Entspricht die Fellfarbe des Krönchens dem restlichen Fell, handelt es sich um ein English Crested. Unterschiedliche Fellfarben sind typisch für American Cresteds. Hinsichtlich der übrigen Merkmale gleichen die Crested-Meerschweinchen den Glatthaarmeerschweinchen. Typisch sind außerdem ein hervorragender Geruchs- und Gehörsinn sowie ein außerordentlich zahmer Charakter.

Nacktmeerschweinchen – Eine umstrittene Angelegenheit

Nackthaarkatzen erfreuen sich bei einigen Katzenfreunden großer Beliebtheit. Und so verwundert es wenig, dass seit den 1970er-Jahren auch haarlose Meerschweinchenarten gezüchtet werden. Die unter den Rassenamen Baldwin und Skinny bekannten Tiere sind vor allem in Nordamerika als Haustiere verbreitet. Hierzulande dagegen sind sie umstritten. Der Grund dafür: Da das Fell fehlt, haben Meerschweinchen Probleme mit der Thermoregulation und benötigen zudem mehr Nahrung. Außerdem entfällt die Schutzfunktion des Fells gegenüber Bissverletzungen. Aus diesem Grund sollten Nacktmeerschweinchen ausschließlich einzeln gehalten werden. Das wiederum wäre jedoch nicht artgerecht. Aus Tierschutzsicht sind Nacktmeerschweinchen also keine Rasse, die weitere Verbreitung als Haustier finden sollte.