Wenn Du einen medizinischen Notfall hast, gehst Du zum Arzt, fährst ins Krankenhaus oder wählst die Notrufnummer 112. Was aber tust Du, wenn eine Deiner Fellnasen ein akutes medizinisches Problem hat? Ganz klar, Du suchst den Tierarzt auf. Das ist auch in der klassischen Nine-to-Five-Zeit kein Problem. Was aber, wenn die Praxen geschlossen haben? Immerhin halten sich Krankheiten und Notfälle nur selten an reguläre Öffnungszeiten. Der Helfer in der Not ist hier der tierärztliche Notdienst. Wir erklären Dir, wie Du den Notdienst erreichst, was der Notdienst leistet und mit welchen Kosten Du rechnen musst.
Was ist der tierärztliche Notdienst?
In der Tiermedizin ist es ähnlich wie in der Humanmedizin. Es gibt die reguläre Medizin mit regelmäßigen Sprech- und Öffnungszeiten und den Notdienst. Das gilt auch für den tierärztlichen Notdienst. Viele Tierkliniken und Tierärzte bieten einen solchen 24-Stunden-Notdienst an. Der Notdienst springt außerhalb der üblichen Tierarztöffnungszeiten ein. Also spät abends, nachts und am Wochenende. In manchen Fällen kommt der Tierarzt auf Wunsch auch zu Dir nach Hause.
Alternativ kannst Du mit Deiner Fellnase eine ausgewiesene Notrufpraxis aufsuchen. Während es in größeren Städten häufig eine 24-Stunden-Notrufversorung gibt, arbeiten die meisten Notdienste mit einer Rufbereitschaft. Das bedeutet, dass ein diensthabender Tierarzt in seiner Bereitschaftszeit aus seinem Privatleben gerissen wird. Auch mitten in der Nacht. Klassische Tierkliniken mit 24-Stunden-Notdienst haben dagegen eine echte Notaufnahme, die Du mit Deinem Schlappohr zu jeder Tages- und Nachtzeit aufsuchen kannst.
Wozu der tierärztliche Notdienst gedacht ist
Ziel des tierärztlichen Notdienstes ist eine adäquate Notfallbehandlung von Hunden, Katzen und anderen Haustieren. Im Fokus steht die Sicherung des Überlebens und das Abwenden größerer gesundheitlicher Schäden. Findest Du Deine Fellnase also mitten in der Nacht stark blutend, leblos oder in einem sonstigen scheinbar lebensbedrohlichen Zustand vor, ist ein Besuch beim Notdienst angebracht. Zu den typischen Maßnahmen im Notdienst gehören unter anderem:
- Notoperationen (zum Beispiel bei schweren Blutungen, Magendrehung)
- Gabe von starken Schmerzmedikamenten
- Monitoring von Vitalzeichen
- Gabe von lebenswichtigen Infusionen zur Kreislaufstabilisation
- Bildgebende Diagnostik (sofern eine kritische Lage vorliegt)
- Gabe von Blutkonserven
- Versorgung mit Sauerstoff
- Maßnahmen zur Regulierung des Elektrolythaushalts
- Bestimmung von Laborwerten (zum Beispiel bei Verdacht auf Vergiftungen)
- Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen (Beatmung, Defibrillation)
- Verbände anlegen, Wunden nähen
- Bei Vergiftungen Gegenmittel spritzen
Wozu der tierärztliche Notdienst nicht gedacht ist
Leider gibt es in der Tiermedizin ebenso wie in der Humanmedizin ein zunehmendes Phänomen. Immer mehr Tierhalter kommen mit vermeintlichen „Notfällen“ in die Notfallsprechstunden, suchen die 24-Stunden-Notaufnahme auf oder rufen gar den Notdienst zu sich nach Hause. Tierärzte und Tierkliniken sind dementsprechend überlastet. Viele Praxen geben sogar ihren Notdienst auf. Nicht selten steckt hinter einem vermeintlichen Notfall einfach ein Halter, der keine Lust oder Zeit hatte, die reguläre Sprechstunde aufzusuchen.
Um für alle wirklichen Notfälle eine bestmögliche Notfallversorgung zu gewährleisten, solltest Du den Notdienst nur in echten Notfällen wie den oben genannten konsultieren. Folgende „Notsituationen“ sind dagegen keine „Notfälle“ und werden von den meisten Notdiensten zu den Notdienstzeiten nicht behandelt:
- Behandlung von Zecken-, Floh- oder Wurmbefall (Ja, für manchen Halter ist das ein Notfall…)
- Krallen schneiden
- Impfungen
- Einmaliges Erbrechen
- Durchfall ohne weitere kritische Symptome
- Seit mehreren Tagen oder Wochen bestehende Symptomatiken
- Lahmen (wobei beispielsweise der Lauf trotzdem noch belastet werden kann)
- Unverletzte Fundtiere
- Rolligkeit bei Jungkatzen
Notdienst kostet bares Geld
Da die Anzahl der Bagatellfälle in den Notdienstsprechstunden sowie in den Notfallambulanzen in den vergangenen Jahren massiv zugenommen hat, hat der Gesetzgeber reagiert. Seit Februar 2020 ist die neue Notdienst-Gebührenordnung in Kraft. Diese soll Tierärzte entlasten und dafür sorgen, dass Halter die Notfallversorgung nur noch in echten Notfällen nutzen und eben nicht als bequeme Alternative. Seither gelten damit für den tierärztlichen Notdienst folgende Regelungen:
- Bei jedem Notdienstbesuch wird eine Grundgebühr fällig. Diese liegt in den Notfallzeiten bei 50 Euro netto bzw. 59,50 Euro brutto.
- Werden mehrere Tiere behandelt, fällt diese Gebühr nur einmal an.
- Aufgrund der beschränkten Ressourcen des Notdienstes werden tierärztliche Leistungen in den Notfallzeiten nun mindestens mit dem 2-fachen GOT-Satz abgerechnet.
- Anders als zu den „normalen“ Zeiten sind die Kosten nicht auf den 3-fachen GOT-Satz gedeckelt. Bei besonders aufwendigen oder komplexen Behandlungen kann der 4-fache GOT-Satz anfallen.
- Die Notfallzeiten liegen grundsätzlich „nachts“ zwischen 18 Uhr und 8 Uhr des Folgetages. Abweichungen einzelner Praxen sind zum Beispiel im Hinblick auf reguläre Abendsprechstunden oder Samstagssprechstunden möglich. Bietet Dein Tierarzt also solche Sprechzeiten an, musst Du auch in diesem Zeitraum die Notdienstgebühr nicht zahlen.
- Der Wochenendnotdienst beginnt freitags um 18 Uhr und endet am darauffolgenden Montag um 8 Uhr.
- An gesetzlichen Feiertagen wird die Notdienstgebühr ganztägig (0 Uhr – 24 Uhr) fällig.
Achtung: Die GOT hat für Tierärzte einen Gesetzescharakter. Dementsprechend müssen sich Tierärzte auch an den Mindestsatz zu Notdienstzeiten halten.
So erkennst Du einen wirklichen Notfall
Dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt, kannst Du mit ein wenig gesundem Menschenverstand gut erkennen. Stell Dir einfach die Frage: Würde ich selbst in diesem Zustand die Notfallambulanz aufsuchen oder kann sich mein Hausarzt der Sache auch morgen noch annehmen? Typische Anzeichen für einen medizinischen Notfall sind starke Blutungen, schwere Unfälle (Autounfälle, Bissverletzungen), Bewusstlosigkeit, schwere allergische Reaktionen, Lähmungen, unproduktives oder wiederholtes Erbrechen, Krampfanfälle oder Dein Tier liegt regungslos in Seitenlage.
Was Du im Notfall tun solltest
Entdeckst Du Dein Tier in einer medizinischen Notlage, solltest Du nicht Hals über Kopf zum Notdienst stürmen. Rufe zunächst den nächstgelegenen Notdienst an. Dort schilderst Du, um welche Tierart es sich handelt, was genau passiert ist, in welchem Zustand sich Dein Tier befindet und welche Symptome Dein Liebling zeigt. Teile dem Tierarzt auch mit, welche Medikamente Dein Tier eventuell einnimmt. Warte auf die Einschätzung des Tierarztes und teile anschließend mit, wann Du die Notfallpraxis ungefähr erreichen wirst.
Auf diesem Weg kann sich das Personal bereits auf Dein Fellknäuel vorbereiten. Hausbesuche sind nur in wenigen Fällen sinnvoll, da der Tierarzt Deinem Tier in seiner Praxis im Notfall am besten helfen kann. In der Notfallambulanz angekommen, hängt die Wartezeit bis zur Behandlung von der konkreten Situation ab. Während bei akut lebensbedrohlichen Fällen nur wenige Minuten vergehen, beträgt die Wartezeit bei weniger bedrohlichen Fällen häufig mehrere Stunden. Achtung: Nimm auch vorhandene Notfallmedikamente mit in die Praxis.
Wie finde ich einen tierärztlichen Notdienst?
Wüsstest Du aus dem Stegreif, an wen Du Dich wenden müsstest, wenn Dein Tier mitten in der Nacht ein schweres medizinisches Problem hat? Nein? Im Notfall ist es zu spät, um eine Suchmaschine zu befragen und diese nach dem passenden Notdienst zu durchforsten. Informiere Dich daher im Vorfeld darüber, welche Tierärzte und Tierkliniken in Deiner Nähe einen Notdienst anbieten. Schreibe Dir deren Notfallzeiten und Notfallnummern heraus und speichere sie in Deinem Handy ab.